Was eine Entscheidung des EuGH für den Lizenzhandel bedeutet

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Gebraucht gekauft

Was ist mit Software-Lizenzen, die man einmal bezahlt hat, nun aber nicht mehr oder nur noch teilweise nutzt? Darf man das tote Kapital in Cash verwandeln? Der Europäische Gerichtshof hat mit einem neuen Urteil endlich für Rechtsklarheit gesorgt.
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Bücher und Laptops darf man ohne Probleme weiterverkaufen. Wie sieht es aber mit Software aus, die man nicht mehr benötigt? Bisher galt: Software, die man auf einem Datenträger, wie CD oder DVD mit einer unbefristeten Lizenz erworben hat, konnte man unproblematisch weiterverkaufen. Anders Software, die im Internet heruntergeladen wurde. Hier war bislang der Weiterverkauf umstritten.

Den Weiterverkauf von Datenträgern erlaubt der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz, demzufolge sich das Verbreitungsrecht des Urhebers an der Kopie beim ersten Verkauf verbraucht. Danach kann der Kunde – wie bei anderen gebrauchten Sachen auch – alleine entscheiden, ob und wie er diese weiterverkaufen möchte. Dies soll sicherstellen, dass die Ware frei zirkulieren kann. Doch der Grundsatz spricht explizit und im Juristendeutsch nur von einem "Vervielfältigungsstück". Die Softwareindustrie argumentierte bislang, dieser Begriff schließe keine Downloads ein.

Verbraucherschützer sehen es hingegen als ein Recht des Nutzers an, auch Softwaredownloads weiterverkaufen zu können, da immer mehr Kunden Software per Download und nicht auf DVD erwerben. Sie sind der Ansicht, die Interessenlage ist für Verbraucher identisch, egal, wie die Software nun zum Kunden gelangt. Er hat dafür einmal gezahlt und möchte sie nun weiterveräußern. Zudem gibt es immer weniger Software auf Datenträgern, und das Argument der Industrie würde bedeuten: Digital eingekaufte Güter wären prinzipiell nicht mehr weiterverkäuflich.

Second-Hand-Downloads

Dabei versteht sich, dass nach dem Weiterverkauf keine Kopie der Software zurückbehalten werden darf. Die Sicherungskopie ist mit zu verkaufen. Hier liegt neben Umsatzeinbußen die Sorge der Softwareindustrie: Angst vor Raubkopien. Das Angebot gebrauchter Software senkt die Preise für Software am Markt, und dies ist den Softwareherstellern nicht lieb. Nun entschied der Europäische Gerichtshof über die Frage, ob per Download vertriebene Software weiterverkauft werden darf mit einem überraschenden Urteil.

Es ging um folgenden Fall: Ein Kunde lud dabei von einer Internetseite Oracles Software auf seinen Computer. Das per Lizenzvertrag gewährte Nutzungsrecht am Programm erlaubte, die Kopie dieses Programms dauerhaft auf einem Server zu speichern und bis zu 25 Nutzern darauf Zugriff zu gewähren. Im Lizenzvertrag steht: Der Kunde erwirbt ausschließlich für seine internen Geschäftszwecke ein unbefristetes und nicht abtretbares Nutzungsrecht. Aufgrund des Software-Pflegevertrages kann der Kunde aktualisierte Versionen der Software (Updates) und Programme zur Fehlerbehebung (Patches) von der Internetseite Oracles herunterladen. Die so als Volumenlizenz im Paket erworbene Software ist oft günstiger als der Erwerb einer einzigen Lizenz.

UsedSoft ist ein deutsches Unternehmen, das mit Lizenzen handelt, die es Oracle-Kunden abgekauft hat. Wer bei ihm Kunde wird, lädt sich etwa nach dem Kauf einer gebrauchten Oracle-Lizenz die fragliche Software unmittelbar von einer Oracle-Internetseite herunter. Wer bereits über das Programm verfügt, kann Lizenzen für zusätzliche Nutzer hinzuerwerben.

Oracle vs. UsedSoft

Oracle verklagte UsedSoft vor den deutschen Gerichten, um diese Praxis zu untersagen. Der Bundesgerichtshof, der letztinstanzlich über diesen Rechtsstreit zu entscheiden hat, befragte den Europäischen Gerichtshof, ob diese Praxis konform mit der Europäischen Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen sei. Oracle meint, der in der Richtlinie vorgesehene Erschöpfungsgrundsatz sei nicht auf Nutzungslizenzen für aus dem Internet heruntergeladene Computerprogramme anwendbar. Diese seien nicht verkäuflich.

Die Kernfrage war also: Ist der Erschöpfungsgrundsatz auf digital erworbene Programmkopien anwendbar? Der Europäische Gerichtshof entschied mit einem Pro und einem Contra – jedoch zum Nutzen vieler kleiner mittelständischer Unternehmen und Verbraucher: Der Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts gelte nicht nur, wenn der Urheber die Kopie seiner Software auf einem Datenträger (CD-ROM oder DVD) vermarkte, sondern auch, wenn er sie durch Herunterladen von seiner Internetseite verbreite. Auch beim Download werde das Eigentum an dieser Kopie übertragen. Somit könne der Rechteinhaber es nicht untersagen, die Kopie weiterzuverkaufen.

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